Montag, 10. Februar

„deus lo vult“ war der Schlachtruf des ersten Kreuzzuges, als tausende von Rittern im Jahre 1096 loszogen, um Jerusalem zu erobern. „Gott will es!“
Der Ausdruck gibt Zeugnis für ein religiöses Sendebewusstsein, das zur Erreichung seiner Ziele auch Gewalt einzusetzen bereit war. Militärische Gewalt wurde entsprechend dem Modell des gerechten Krieges als auf Verteidigung bzw. Rückeroberung widerrechtlich angeeigneter Gebiete ausgerichtet für sittlich vertretbar, ja sogar für gottgewollt gehalten. Der Kreuzzug als Krieg der Papstkirche wurde – so die Intention des Ausdrucks – in der Stellvertreterschaft Gottes geführt.
Die grösstmögliche Verdrehung besteht darin, der Wille Gottes zu seinem eigenen zu gestalten. Die ultimative Aufblähung des Ichs besteht darin, dem Ich göttliche Legitimation zu geben.
Gottes Wille und mein tiefster Wille sind kongruent. Sie sind dieselben. Es bedeutet aber, dass sich der Eigenwille dem Gotteswillen ein gesamtes Leben lang immer wieder anzupassen hat. Dazu muss man erst einmal die Unergründlichkeit dieses Willens annehmen. Denn daraus ergibt sich eine aufrichtige Erforschungsreise, die mit dem radikalen Zurücknehmen des Glaubens an den Ichwillen fragmentweise die Offenbarung des wirklich grossen eröffnet. Staunen und Freude ist das Resultat davon. Verbissene Rechthaberei und Gewaltbereitschaft – der eigentlich verzweifelten Einsicht, im Unrecht zu sein – können in der Gegenwart der Wirklichkeit nicht mehr bestehen.