Montag, 11. Mai

Rache ist nicht nur ein Gefühl. Es ist eine Grundhaltung, ein Prinzip in der Welt des Geistes. In dem Verständnis von „Auge um Auge“ geht es um eine Form der Selbstgerechtigkeit, um ein selber auserkorenes Recht. Es ist die selbsterschaffene Gerechtigkeit, in welcher man sich zum Richter stilisiert.
Wenn man nur die jeweilige Angelegenheit ohne jeglichen Kontext, und ohne das grosse Gewebe zu sehen, betrachtet, glaubt man, das Recht zum Zurückschlagen zu haben. Es ist die Zur-Wehr-Setzung des unreifen Geistes, welcher nicht in Zusammenhängen zu sehen vermag.
Es ist eine Begrenzung im Sehen.
Die Erwartung, dass sich jemand, der einem Unrecht angetan hatte, entschuldigen solle, ist ein Ausläufer des Rache-Prinzips.